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Kirgisischer Frühling

Dufte Geburtstagsgrüße

Wir wurden von Stimmen geweckt. Draußen vorm Zelt.

Und von Autoabgasen.

Es war der Siebzehnte im April.

Frühling - und mein Geburtstag.

Ich öffnete den Reißverschluss des Zelteingangs. Und streckte meinen Kopf nach draußen.

Wir hatten gestern diesen Platz gefunden. Eine leere, unbefahrene Betongalerie parallel zur eigentlichen Straße. Der perfekte Sicht- und Wetterschutz.

Jetzt waren da draußen in der Nähe des Zeltes Leute in der Galerie.

In der Nacht hatte es frisch geschneit. Der Schnee war vom Sturm in die Galerie geblasen worden.

Es war eiskalt.

Die in der Galerie versammelten Leute befanden sich in der Hocke. Und hatten die Hosen unten, um unnötigen biologischen Ballast los zu werden.

Eine ältere Frau mit Kopftuch kam von einem Ende der Galerie herein und näherte sich unserem Zelt.

"Tualet?", fragte sie mit leicht gepresster Stimme.

Ich deutete zu den anderen Leuten hinüber. Sie bedankte sich und entfernte sich in die angegebene Richtung.

Obwohl die diversen Duftnoten mit den Abgasen zusammen eine neuen Komposition ergaben, fanden wir daran dennoch keinen Gefallen, packten das Zelt und den Rest des Gepäcks in die Packtaschen und schoben die Räder auf die zugeschneite Passstraße.

Pamirgebirge

Der Lkw-Fahrer

Zur Passhöhe hinauf und hinunter die Serpentinen bis in den fernen Talnebel stauten sich Autos und Lkws.

Der nächtliche Schneesturm hatte noch nicht aufgehört, schnitt mit eiskalten Fingern unter die Kleidung. Vorsichtig bugsierten wir die Räder mit vollkommen vereisten und unbeweglichen Schaltzügen die verschneite, spiegelglatte Straße hoch.

Die Autos kamen nicht vom Fleck; ein riesiger Lkw war quer zur Straße geschlittert und verbarrikadierte jetzt den Verkehr nach unten und nach oben. Mit den Fahrrädern kamen wir gut um das Riesending herum. Ein Räumfahrzeug war etwas weiter unten stecken geblieben.

Auch jenseits der unfreiwilligen Blockade sah es nicht besser aus. Die Reifen der Autos drehten auf dem Eis durch, die mit Schneeketten konnten nicht überholen, weil tiefe Schneewehen die Straße in ein Nadelöhr verwandelt hatten.

Dennoch nahmen die Kirgisen das Schneechaos mit Gelassenheit, standen herum, tranken Tee oder Wodka - und wunderten sich über zwei Radler. Fahrräder! Hier in dreitausendfünfhundert Metern Höhe.

Die einen Autofahrer schüttelten die Köpfe, die anderen streckten lachend einen Daumen nach oben.

Einmal rief uns ein Lkw-Fahrer grinsend zu: "Welcome to Kirgistan!"

Bettina stellte das Fahrrad ab und redete kurz auf ihn ein. Der Mann schaute überrascht zu mir herüber, lachte kurz und nickte dann Bettina zu.

Ich konnte nichts verstehen. Der Sturm hatte den Wortwechsel in unverständliche Fetzen zerschnitten.

Die beiden kamen auf meine Straßenseite herüber. Der Lkw-Fahrer stellte sich vor mich hin, schaute kurz zu Bettina, die neben ihm stand. Sie nickte. Und mit Bettina zusammen begann der Kirgise mit lachendem Gesicht und vereister Rotznase begeistert durch alle Tonleitern und Stimmlagen schlitternd "Happy Birthday" durch den Sturm zu schmettern.

Ich glaube, ich darf sagen, dass ich noch keine groteskere Geburtstagsfeier erleben durfte!